Die Wahl der Qual

 

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Das Inhaltsverzeichnis
nebst einigen Leseproben

Aus dem Nähkästchen
Die ungekürzten Interviews

Nach Redaktionsschluss
Was wir gerne noch geschrieben hätten ...

Für Tippfaule
Alle Links aus dem Buch
und noch ein paar mehr.

Impressum

Aus dem Nähkästchen

Interview mit Johannes

 

Wir haben ja eine Beziehung, die vor SM angefangen hat und hatten unser jeweiliges Coming-out in der Beziehung, zusammen. Ich hab auf der Sub-Seite angefangen, was eine Weile auch für beide Beteiligten sehr lustig und angenehm war, und dann hat sich aber doch eingeschlichen, dass das ins normale Leben angefangen hat überzugreifen bis zu einem gewissen Punkt. Das heisst, dass meine Freundin angefangen hat, über das Bett hinaus Entscheidungen mehr durchzudrücken, mich weniger zu fragen, weniger einzubeziehen als früher, und dass ich auch angefangen hab, Entscheidungen, die mir sowieso eher unangenehm sind, von mir zu schieben und sie erledigen zu lassen. An einem gewissen Punkt ist uns das dann beiden auch aufgefallen, und das hat dann dazu geführt, dass wir für eine längere Periode SM-Aktivitäten erst mal zurückgestellt haben. Wir sind ein bisschen davor erschrocken, was da passiert ist. Es hat keine wirklich dramatischen Ausmaße angenommen, aber es war schon kein besonders angenehmes Gefühl. Wir haben darüber auch geredet, und dann hat es sich bei beiden eigentlich so ergeben, dass erst mal die Lust weg war, SM zu betreiben, weil uns nicht klar war, ob dadurch solche Muster wieder aufleben oder sich verstärken würden. Dadurch, dass wir uns bewusst gemacht haben, was da passiert, dass das nicht besonders positiv ist, dass das destruktive Anteile enthält, die wir so auf jeden Fall nicht lange aushalten würden, haben wir das im Endeffekt wieder auf die Reihe gekriegt. Die Lösung - wenn man da von einer Lösung sprechen kann, es war eher ein Prozess - war, dass ich geschaut habe, dass ich nicht Faulheit oder Unlust mit einer Rolle im SM-Kontext verquicke und meine Freundin eben geschaut hat, dass sie nicht ihre unleugbar vorhandene Tendenz dazu, alle organisatorischen Sachen an sich zu reissen, da noch weiter auslebt, sondern die bewusst einschränkt und darauf achtet, dass sie mich nicht übergeht. Wir haben keine künstliche Aufteilung gemacht, sondern versucht, insgesamt die Kommunikation zu verbessern.

Schwer zu sagen, ob man dagegen vorbeugen kann. Was man mit Sicherheit tun kann, ist, dass man versucht, von vornherein eine ganz klare Trennung einzuziehen zwischen dem, was man im Bett treibt und dem, was man im Alltag treibt. Deshalb bin ich persönlich eben sehr skeptisch, wenn Leute versuchen, einen Lifestyle zu leben, in dem beides integriert wird. Weil ich denke, dass sowas die Gefahr birgt, dass solche Tendenzen sehr stark werden, die im Endeffekt destruktive Ergebnisse haben können. Eventuell kann es sinnvoll sein, je nachdem, wie die Beziehung strukturiert ist, klare Absprachen zu treffen, vielleicht Bereiche des Lebens irgendwie aufzuteilen. Das kommt mir sehr artifiziell vor. Auf jeden Fall denk ich gehört ein hohes Maß an Aufmerksamkeit dazu, wie man so eine Beziehung strukturiert, in der eben SM einen gewissen Anteil hat.

Ich glaube noch nicht mal, dass die Gefahr, dass es zu sowas kommt, höher ist als in normalen Beziehungen. Aber SMler haben bessere Mittel an der Hand, um das tatsächlich auch irgendwie auszuleben und sich als normal schönzureden. Ich denk, ein nicht geringer Teil von Beziehungen ausserhalb der SM-Szene sind genau so gestrickt, die Leute sind sich nur nicht drüber klar und sie erotisieren das Ganze nicht auch noch. Während viele ähnlich gestrickte Beziehungen im SM-Bereich im Endeffekt dahin münden, dass beide Beteiligten das als ihren Lebensweg bezeichnen und sich so die Auseinandersetzung mit Tendenzen zur Unselbständigkeit einfach ersparen.

Ich weiss, dass es viele Leute gibt, die Beziehungen leben, in denen Kompetenzen ganz klar auf eine Seite übertragen werden und die auch nach Jahren noch behaupten, dass es gut funktioniert, und im Prinzip seh ich natürlich keinen Grund, denen zu misstrauen. Ich persönlich hab große Zweifel, ob das ein guter Weg ist, aber bevor man's nicht ausprobiert hat, kann man das wahrscheinlich nicht entscheiden. Die Gefahr ist meiner Meinung nach sehr groß, dass man dadurch wirklich heftig auf die Nase fällt. Andererseits hat die Generation unserer Großelter wahrscheinlich zum Großteil so gelebt.

[Polyamory, Bekanntgehen:]

Es gibt die Idee, dass man Treue nicht daran festmachen kann, mit wem man es wie häufig treibt, und dass man es mit niemandem ausserhalb der Beziehung treibt, sondern dass Treue ein Bekenntnis für den anderen ist, das aber auch Platz lässt, eigene Phantasien oder auch andere Aspekte der Beziehung, die vielleicht mit dem Partner nicht gut ausgelebt werden können, mit anderen Partnern auszuleben.

In der Regel fühlt man sich ja in einer Beziehung ganz wohl, und wenn sie dann aus irgendwelchen Gründen auseinandergeht, merkt man doch, dass man Bereich von sich selber zurückgehalten, vielleicht sogar unterdrückt hat, weil sie einfach in der Beziehung keinen Platz hatten. Das lässt meiner Meinung nach darauf schließen, dass man es nach ein paar Jahren nur nicht mehr so sehr merkt, dass einem vielleicht auch was fehlt. Wenn es gut geht, spricht im Prinzip meiner Meinung nach nichts dagegen, diese Anteile halt auch mit jemand anderem auszuleben. Ich glaub nicht an das Ideal, dass es zwei Leute gibt, die in allem perfekt zusammenpassen.

Ich glaube nicht, dass Polygamie aus einem Mangel an irgendwas in der Beziehung entsteht. Ich sehe es als Bereicherung und würde eher das Standardmodell als mangelhaft sehen, wo man eben Bedürfnisse unterdrücken muss und Aspekte der Beziehung nicht ausleben kann. Während, wenn man sich dazu bekennt, wenn man das mit dem Partner abspricht, wenn es von beiden Seiten her ok ist und nicht aus einer tatsächlichen Beziehungskrise erwächst, ist es eigentlich mehr eine Ergänzung.

Meine Freundin und ich hatten gute zwei Jahre eine normale, monogame Beziehung. Allerdings haben wir schon relativ früh angefangen, uns drüber zu unterhalten, dass Monogamie für uns keine innere Logik hat, dass nichts dafürspricht, dass man unbedingt monogam sein muss. Wir hatten beide das Gefühl, man sollte eine Beziehung auch probeweise offen gestalten. Nachdem wir dann Kontakt zur SM-Szene bekommen haben, hat sich die Frage auch tatsächlich viel realer gestellt. Wir haben uns dann drüber unterhalten, haben abgeklopft, ob das für beide ok ist, haben auch abgeklopft, ob die Beziehung an sich gut ist oder ob wir das nur machen, um sozusagen den gleitenden Wechsel zu jemand anders hinzubekommen, und haben dann beide festgestellt, dass wir es nicht aus solchen Gründen machen, sondern an sich sehr glücklich zusammen sind. Aber zum Beispiel in den SM-Spielweisen passen wir eben nicht hundertprozentig zusammen. Wir hatten beide das Gefühl, es bleiben da schon noch Wünsche offen, die man vielleicht auch mal mit jemand anders ausprobieren möchte.

Es ist ja beim SM schon so, dass es manches spannender gestalten kann, wenn man es mit jemandem treibt, den man noch nicht so besonders gut kennt. Weil ein gewisses Gefühl der Unsicherheit dabei ist, weil man nicht genau weiss, wie der andere reagiert, weil sich in die Hände von jemandem zu begeben, dessen Reaktion man nicht so ganz einschätzen kann, immer einen leichten Kitzel, ein bisschen das Gefühl des Risikos dazubringt, was im SM-Kontext auch relativ lustig sein kann. Das war einer der Gründe, warum wir gesagt haben, ok, wir wollen das ausprobieren. Das ging dann los, dass zunächst meine Freundin jemanden gefunden hat, mit dem sie gerne spielen wollte, und mich dann nochmal gefragt hat, und ich habe gesagt, ok, mach das. Daraus hat sich dann eine Affäre entwickelt, die lief fast ein Dreivierteljahr lang, wo sie ihn häufig gesehen hat, teilweise auch die Wochenenden dort verbracht hat. In der Zeit haben wir sowieso schon in anderen Städten gewohnt, insofern gab es keine Zeiten, in denen wir zu dritt zusammen waren, was zunächst mal für mich beruhigend war, aber sich insgesamt als problematisch herausgestellt hat, weil ihr Liebhaber angefangen hat, mich konsequent zu verdrängen und darauf hingearbeitet hat, die Beziehung zu meiner Freundin in eine monogame Beziehung mit ihm umzuwandeln. Das ist auch im Endeffekt der Grund, warum das dann später gescheitert ist. Nochmal ein halbes Jahr später hab ich dann eine Frau kennengelernt, und jetzt leben wir seit fast anderthalb Jahren in einer Zweitbeziehung neben der eigentlichen Beziehung. Meinem Selbstverständnis nach habe ich zwei Freundinnen, von denen mich mit der einen eher langfristige Lebensplanung verbindet, während ich mit der anderen eher eine Beziehung ohne große Verpflichtungen und damit auch ohne die Lasten des Alltags führe. Meine zweite Freundin ist eine Frau, in deren Lebensplanung Heiraten und Kinderkriegen bisher keine allzugroße Rolle spielten und die mir mehrfach glaubhaft versichert hat, dass sie nicht wirklich darunter leidet.

Anfangs war es natürlich ausgesprochen gewöhnungsbedürftig. Wenn man vorher drüber redet, wird man schon auch merken, dass man so ein bisschen unsicher ist, aber das ist nichts gegen das, wenn's dann tatsächlich losgeht. Ich war eifersüchtig, massiv teilweise, hab mich zurückgesetzt gefühlt und war sehr unsicher, ob das nicht das Ende der Beziehung sein würde. Auf der anderen Seite hab ich gemerkt, dass es ihr Spaß macht, dass es ihr guttut, dass sie da Sachen erlebt, die sie mit mir nicht erlebt hätte - was mich natürlich einerseits zusätzlich verletzt hat, andererseits hat es mich auch sehr gefreut, zu sehen, dass es ihr dabei gutgeht. Ich hab auch zu der Zeit gemerkt, dass sie mir schon sehr dankbar ist dafür, dass ich ihr diese Freiheiten lasse.

Es gibt einem von Zeit zu Zeit immer noch einen Stich, aber es ist nicht wirklich ein Problem. Wenn man gelernt hat, dass man dem anderen tatsächlich vertrauen kann, dass es nicht nur ein Absprung aus der Beziehung ist, dann lernt man auch, mit seinen Gefühlen in gewissem Maß umzugehen und sich ihnen nicht einfach zu unterwerfen und die Eifersucht, die man in dem Moment fühlt, als die einzige Realität zu sehen, sondern zu merken, dass ein Gefühl eben irrational ist. Wenn man merkt, dass es dafür keine wirklichen Gründe gibt, lernt man auch diese Gefühle zu beeinflussen, dann werden sie auch weniger problematisch. Man schärft auch vielleicht sein Gefühl dafür, wann tatsächlich ein Problem ist und wann man sich das nur einbildet. Es sticht dann, wenn's einem selber nicht so gut geht, wenn man so ein bisschen durchhängt, und der andere hat ein prima Wochenende und ist in der Zeit schlecht erreichbar, und erzählt einem danach, dass alles klasse war, und man selber hat bei Regenwetter zu Hause gesessen. Und manchmal ist es auch komisch, den anderen zu sehen, wenn er mit jemand anders knutscht, während man selber danebensitzt.

Ich glaube, es gibt im Bereich der SM-Subkultur häufiger abweichende Beziehungsmodelle, die zwischen beiden Partnern tatsächlich auch vereinbart werden. Ich glaube, dass Fremdgehen ein Phänomen ist, was es schon immer in großem Ausmaß gab und was in den letzten Jahrzehnten eher mehr als weniger geworden ist. Das bewusste jemanden Drittes einzubeziehen oder eine Nebenbeziehung neben der eigenen Beziehung zu tolerieren, denke ich, ist häufiger in der SM-Welt oder in sexuellen Subkulturen überhaupt.

Als wir uns kennengelernt hatten, da hatte ich eben schon länger die Phantasien und war auch auf der Suche gewesen nach einer entsprechenden Frau. Wir hatten uns dann halt ganz konventionell ineinander verliebt und ganz zufällig kennengelernt, vollkommen ausserhalb der Szene, und haben dann eben mehr zufällig entdeckt, dass wir beide SM lustig finden und dachten dann natürlich, wunderbar, das Traumland ist jetzt da, es passt ganz prima, es hat sich dann aber doch gezeigt, dass es nicht ganz so einfach ist. Selbst wenn man jetzt sagt, beide haben SM, sind die individuellen Vorstellungen doch so unterschiedlich, dass es nicht ganz so gut zusammenpasst unter Umständen. Und am Anfang ist man auch noch nicht so sicher drin, in dem, was man will, und hat nicht so viel Erfahrung und ist auch im Umgang mit den ganzen Gerätschaften eher unsicher, so dass es am Anfang eigentlich eher weniger gut gelaufen ist. Es war zwar superschön natürlich, das jetzt entdecken und ausprobieren zu können, aber auf der anderen Seite auch schwierig, weil ... man hat sich so schrecklich ungeschickt angestellt dabei und wusste nicht, wie das jetzt gehen soll und was man jetzt mit dem anderen macht, wenn man ihn festgebunden hat und so. Das hat das manchmal halt so ein bisschen verkrampft gemacht. Heutzutage fällt mir das viel leichter, mich dann auch vielleicht auf jemanden einzustellen, mit dem ich vorher noch nicht gespielt hab, weil ich da eine viel größere Sicherheit hab. Inzwischen mehr Sachen ausprobiert hab, auch besser weiss, was mir Spaß macht, ein paar neue Ideen bekommen hab, teilweise auch von anderen Leuten - es läuft einfach runder.

Von meiner Erziehung her komm ich so aus dem linksliberalen, gewaltfreien Ostermarsch- und Pazifistenmilieu, und das hat mich ziemlich lang geprägt. Dass eher so feministisches Gedankengut und pazifistisches einfach vollkommen normal und der Standard in unserer Familie waren, wir eben die taz gelesen haben und so. Ich habe das eigentlich auch immer prima gefunden, finde ich im Grunde bis heute noch prima. Alle Ahnungen davon, dass es auch noch eine andere Seite gibt, haben mich erstens schockiert und zweitens hab ich sie ganz, ganz tief vergraben. Zum Beispiel kann ich mich noch gut erinnern, als ich vielleicht so zwischen 16 und 18 war, hatte ich relativ häufig die Vorstellung, speziell bei einer Frau, die ich damals ziemlich prima fand, mit der ich aber weiter nichts zu tun hatte, dass ich sie halt aus irgendsoeiner Vergewaltigungsszene rette, als der weisse Ritter auftauche, und sie wurde schrecklich geschändet, und ich rette sie, und schlage den Peiniger in die Flucht, und sie ist natürlich dankbar und gibt sich mir dann hin. Was heutzutage natürlich sehr lächerlich wirkt, weil zum einen schlaf ich heute ungern mit Frauen, die's aus reiner Dankbarkeit mit mir machen würden, und zum anderen glaub ich halt schon, dass damals auch nicht zuletzt so ein bisschen dieser Gruseldingens dabei war, dass die latenten Vergewaltigungsphantasien und auch Aggressionen, die ich natürlich hab, da so ein bisschen den Kopf an die Oberfläche gesteckt haben, indem ich mir diesen Teil natürlich auch ausgemalt hab. Als ich ein bisschen älter und selbstbewusster geworden bin, sind sowohl Aggressionen im Alltag - ich selber schätze mich nicht als aggressiven, sondern eher als umgänglichen, netten und zurückhaltenden Menschen ein, aber auch ich hab natürlich meine aggressiven Momente - und zum anderen ganz klar im sexuellen Bereich Vergewaltigungsphantasien, die dann auch hochgekommen sind. Die ich am Anfang ... sie haben mich geängstigt und ich wusste nichts damit anzufangen. Ich wusste nicht, ist das jetzt nur die Vorstufe dafür, dass ich sie irgendwann mal tatsächlich auslebe? Und vor allem, warum um Gotteswillen muss mir das passieren? Weil ich bin ja eigentlich ein wirklich netter Mensch, und da passt sowas nicht ins Bild. Das ist einer der Punkte, wo ich sehr, sehr lange dran zu knabbern hatte, im Rahmen vom SM-Coming-out, das irgendwie einordnen zu können, mich damit auch in irgendeiner Form arrangieren zu können, wohlfühlen zu können, zu wissen, dass der Welt nichts Schlimmes durch mich droht, und dass das kein Verhalten ist, was vollkommen aus der Welt ist, sondern dass das wahrscheinlich bei gar nicht so wenigen Leuten einfach irgendwo unter der Oberfläche schlummert. Naja, und inzwischen weiss ich einfach, dass keine Gefahr besteht, dass ich eines Tages mal irgendwelche Frauen ins Gebüsch zerre, die das nicht wollen. Es haben sich einfach auch Möglichkeiten gefunden, so im SM-Bereich, sowas halt in einer angedeuteten Form auszuleben, und ich merke, dass mir das jedesmal großen Spaß bereitet. Es ist ein großer Kitzel, sowas zu machen, den schwarzen, schmutzigen Schuft zu spielen und Frauen zu zwingen, mir zu Willen zu sein, und es ist sehr beruhigend zu wissen, dass die das auch lustig finden und unterhaltsam finden und dass sie da auch was rausziehen. Ich hab's nie mit einer Partnerin ausprobiert, die das wirklich nicht will, und ich glaube, es würde mir wenig Spaß machen. Ich glaube, ich würde mir noch in der Situation sehr schlecht vorkommen dabei. Die Illusion zu haben und mit dieser Illusion zu agieren macht mir eigentlich das größte Vergnügen.

Viele Sexualpraktiken sind, zum Teil eben auch von Feministinnen, schon immer in den Zusammenhang gebracht worden von Macht und Machtspiel. Zum Beispiel eben, sich von einer Frau einen blasen zu lassen, zum Beispiel eine Frau, die auf allen Vieren ist, von hinten zu vögeln ... das sind so Sachen, wo instinktiv die Leute schon wissen, dass das was mit Macht zu tun hat, selbst wenn sie keine SMler sind. Und ich seh das ganz genauso. Deshalb waren das für mich Sachen, die am Anfang meiner sexuellen Entwicklung für mich ausgesprochen schwierig waren. Die waren für mich verboten und tabu, und aufgrund meines Hintergrundes hat es schon ein bisschen gedauert, bis ich mich damit anfreunden konnte. Inzwischen find ich das ausgesprochen lustig. Es hat was mit Macht zu tun, wenn ich mir von einer Frau einen blasen lasse, dann ist das was, wo ein Großteil des Kitzels jetzt nicht aus dem Körperlichen kommt, sondern wo ein Großteil des Spaßes einfach aus einem Machtgefühl raus kommt. Ich weiss, dass Frauen das teilweise vollkommen anders sehen und genau das gleiche Machtgefühl dabei haben, weil sie eben einen höchst delikaten Körperteil zwischen den Zähnen haben und wissen, was sie dabei anrichten können. Das stört mich aber nicht im mindesten, das hat mit meinem Machtgefühl, in einen Körper einzudringen und was zu besiegen, überhaupt nichts zu tun. Das ist voneinander unabhängig und ergänzt sich auf beiden Seiten ziemlich prima, finde ich.

© Kathrin Passig - Ira Strübel 2000-2001